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Dissertation von Marga Maria Burkhardt(2004): "Ziel dieser Arbeit ist es, die „allgemeine Sozialgeschichte“ des 19. Jahrhunderts um die Perspektive der Behinderten, hier diejenige der psychisch Kranken, zu ergänzen. Exemplarisch wird anhand der Patienten der Heil- und Pflegeanstalt Illenau die Genese der Krankheitsursachen und ihrer Hospitalisierung untersucht. Hierbei werden die Deutungsangebote der Spezialisten, der Behörden und des sozialen Umfeldes für psychische Krankheiten am Beginn der modernen Psychiatrie sichtbar. Auf der Basis der in der Anstalt angefertigten Patientenakten wird mittels statistischer Erfassung und Auswertung der Sozialdaten ein Patientenprofil erstellt, das in einem weiteren Arbeitsschritt mit ausgewählten Einzelbiographien kontrastiert wird. Die Akten zeigen, welchem Bedeutungs- und Deutungswandel psychische Erkrankungen innerhalb des Untersuchungszeitraumes von 1842-1889 unterworfen waren. Die Vorgeschichte, die Krankheitsursachen und Aufnahmebedingungen der Erkrankten werden in all ihren Facetten sichtbar. In einem weiteren Schritt werden die Krankheitsursachen Erblichkeit, „weiblicher Körper“, Beziehungskrisen sowie 48er Revolution und Religion detaillierter untersucht und anhand von ausgewählten Einzelbiographien illustriert. Diese Arbeit fragt zudem nach den Produzenten dieser Aufzeichnungen und beleuchtet deren therapeutische Haltungen und Arbeitsbiographien. Aus der Zusammenschau der Krankengeschichten, der Verwaltungsakten, den Schriften des Anstaltsgründers Christian Fr. W. Roller und der anderen Illenauer Ärzte entsteht ein komplexes Bild über die Organisation und den Alltag innerhalb der Heil- und Pflegeanstalt Illenau. Die Arbeit macht deutlich, dass während der stationären Behandlung psychisch Kranker zugleich auch die Ideen über den Menschen und den Umgang der Gesellschaft mit auffälligem Verhalten im allgemeinen verhandelt werden."
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